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Aktuell geplante Änderungen bei der Grunderwerbsteuer

Jakob Eisenreich • 13. Juli 2023

Das Bundesfinanzministerium plant wesentliche Änderungen und Steuerbegünstigungen bei der Grunderwerbsteuer (GrEStG).

Diskutierte Steuerbegünstigung für private Wohnimmobilien

Das Bundesfinanzministerium regt nach Aussagen von Finanzminister Lindner an, die Grunderwerbsteuer für den Kauf einer privaten Wohnimmobilie zur Eigennutzung abzuschaffen oder zumindest die Grunderwerbsteuersätze länderspezifisch herabzusetzen (sog. Entlastung für Selbstnutzer). Hierdurch sollen die finanziellen Mehrbelastungen angesichts der stark angestiegenen Finanzierungskosten einer Immobilienkreditfinanzierung für Bürger geschmälert werden.


Die Grunderwerbsteuersätze legen die einzelnen Bundesländer gesondert fest. In Bayern beträgt der Steuersatz beispielswiese 3,5 % (Mindestsatz), wohingegen viele andere Bundesländer den zulässigen Steuerhöchstsatz von 6,5 % voll ausschöpfen, unter anderem in Brandenburg, NRW, im Saarland oder in Schleswig-Holstein. Baden-Württemberg und Niedersachen liegen mit 5,0 % im Mittel.


Insgesamt lag das Grunderwerbsteueraufkommen bundesweit bei ca. 17,12 Mrd. Euro in 2022, welches in 2021 noch über 18,33 Mrd. Euro betrug.[1] Aufgrund der gestiegenen Finanzierungskosten für kreditfinanzierte Haus- und Wohnungskäufe sowie der dauerhaft hohen Baukosten rechnet das Bundesfinanzministerium laut einer aktuellen Steuerschätzung vom Juni 2023 mit einem erheblichen Rückgang der Steuereinnahmen aus Grunderwerbsteuern für alle Bundesländer um ca. 24 % für das Jahr 2023.[2]


Das Bundesland Bayern zeigt sich den Vorschlägen des Bundesfinanzministeriums grundsätzlich offen, Baden-Württemberg soll laut Bericht des Bayerischen Rundfunk eine ablehnende Haltung eingenommen haben.[3] Zahlreiche Bundesländer haben noch kein gefestigtes Meinungsbild hierzu, zumal die schon gesunkenen Grunderwerbsteuereinnahmen infolge der rückläufigen Immobilientransaktionen durch eine vollständige Begünstigung von privaten Wohnimmobilien zur Eigennutzung oder durch eine Senkung der länderspezifischen Steuersätze sich weiter reduzieren würden.

Privatpersonen mit aktuellen Überlegungen zum Erwerb einer ersten Wohnungsimmobilie (Haus oder Wohnung) sollten die Diskussionen dahingehend in den kommenden Wochen weiter verfolgen und bereits konkrete Immobilienerwerbsvorhaben nach Möglichkeit in die Länge ziehen.


Kampf gegen restliche Share-Deal-Vorteile

Die Entlastung von Privatpersonen soll mit einer weiteren Verschärfung der Grunderwerbsbesteuerung von gesellschaftsrechtlich ummantelten Immobilientransaktionen einhergehen. Seit 2021 wurden die Besteuerungsvoraussetzungen für grunderwerbsteuerpflichtige Share-Deals ausgeweitet, sodass grundsätzlich alle Share-Deals mit einer Anteilsübertragung oder Anteilsvereinigung von mehr als 90 % (vormals 95 %) der betreffenden Gesellschaftsanteile innerhalb von 10 Jahren (vormals 5 Jahre)  Grunderwerbsteuer auslösen, sofern die zugrundeliegende Gesellschaft Immobilien im Eigentum hält.


Trotz dieser Gesetzesänderungen in 2021 seien laut Einschätzung des Bundesfinanzministeriums noch nicht alle „Steuerschlupflöcher“ geschlossen und bedürfen einer gesetzlichen Nachbesserung. Dies soll als parallele Maßnahme zur Gegenfinanzierung möglicher Begünstigungen forciert werden.


Rechtstechnisch erforderliche Novellierungen durch das Gesellschaftsrecht

Am 1. Januar 2024 tritt das sog. MoPeG im Bereich der Personengesellschaften in Kraft und führt teilweise zu inhaltlichen Novellierungen bisheriger Rechtsgrundsätze im Gesellschaftsrecht. Eine wesentliche Änderung betrifft die Vermögensstruktur von Personengesellschaften, anstelle des bisherigen Gesamthandsvermögens gilt fortan die sog. Bruchteilsbetrachtung, d.h. eine in einer GbR gehaltene Immobilie wird ab 2024 vermögensrechtlich direkt (pro rata) ihren Gesellschaftern zugeordnet und nicht - wie bisher - dem eigenständig zu betrachtenden gesamthänderischen Vermögen dieser GbR.


Um mögliche Auswirkungen der neuen MoPeG-Grundsätze auf die Grunderwerbsteuer zu verarbeiten, sollte das Grunderwerbsteuergesetz ebenfalls bis Jahresende überarbeitet werden, ein erster Diskussionsentwurf des Bundesfinanzministeriums liegt vor. Teilweise muss lediglich der Wortlaut des Gesetzes geändert werden, um z.B. auch zukünftig Umstrukturierungen zwischen zwei verbundenen Personengesellschaften mit gleicher Gesellschafterstruktur grunderwerbsteuerbefreit zu ermöglichen.


Fazit

Die Überlegungen zur einer Reduktion oder gar Aufhebung einer Grunderwerbsteuerbelastung von privaten Immobilienerwerben zu eigenen Wohnzwecken ist aus gesellschaftlichen Aspekten in Anbetracht der erheblich gestiegenen Erwerbskosten durch Inflation, Materialknappheit und Zinserhöhungen zu begrüßen. Die durch das Gesellschaftsrecht bedingten Änderungen sind größtenteils rechtstechnischer Natur und schlicht durch andere Gesetzesänderungen zwingend erforderlich. Aber auch die sonstigen Änderungsvorhaben, wie bspw. die Anhebung der besteuerungsauslösenden Anteilsquote bei Erwerb von Gesellschaftsanteilen erst ab einem Erwerb von 100 % der Anteile - mit Ausnahmen für gezielte Umgehungsmaßnahmen (über sog. „Erwerbergruppen“ oder „Personen mit dienendem Interesse“) - ist grundsätzlich wünschenswert, sofern deren gesetzliche Ausgestaltung einen rechtssicheren Handlungsrahmen für Steuerpflichtige und steuerliche Berater schafft.


Quellen:
[1] https://de.statista.com/statistik/daten/studie/235811/umfrage/einnahmen-aus-der-grunderwerbsteuer/

[2] https://www.bundesfinanzministerium.de/Monatsberichte/2023/06/Inhalte/Kapitel-3-Analysen/3-1-ergebnisse-steuerschaetzung-mai-2023-pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=4

[3] https://www.br.de/nachrichten/wirtschaft/reform-der-grunderwerbsteuer-bundeslaender-sind-gespalten,Tj8bJ92



Autor:


Jakob Eisenreich

Dipl.-Wirtschaftsjurist (univ.)

Wirtschaftsprüfer

Steuerberater

Partner


Zert. Berater für Unternehmensverkäufe / M&A (IFU)

Fachberater für Unternehmensnachfolge (DStV)



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