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Die neue Wirtschafts-Identifikationsnummer und ihre Bedeutung für Share-Deals mit Immobilien

Jakob Eisenreich • 6. November 2024

Die neue Wirtschafts-Identifikationsnummer für Unternehmen in Deutschland soll das allgemeine Besteuerungsverfahren vereinfachen und Bürokratieaufwand reduzieren. Zudem kann sie bei Share-Deals über Gesellschaften mit Immobilien eine wichtige Rolle spielen.

Allgemeines zur Einführung im Besteuerungsverfahren


Ab November 2024 wird jeder wirtschaftlich tätigen Rechtsperson eine sog. Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-Id.Nr.) zur eindeutigen Identifizierung im deutschen Besteuerungsverfahren zugeteilt. Die Vergabe erfolgt durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) stufenweise ohne Antragsstellung.


Diese W-Id.Nr. besteht aus den anfänglichen Buchstaben „DE“ und neun weiteren Ziffern und entspricht der bisherigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-Id.Nr.), z.B. DE123456789, sofern die jeweilige Rechtsperson bereits eine USt-ID zugeteilt erhalten hat. An folgende Rechtspersonen wir diese Nummer vergeben:

 

  • Jede Rechtsperson, die wirtschaftlich tätig ist. Dies können natürliche, juristische Personen und Personenvereinigungen sein, und
  • die gesetzlich zum Abführen von Umsatzsteuer verpflichteten Unternehmen oder Kleinunternehmer nach § 19 UStG.


Betreibt ein Unternehmen mehrere unterschiedliche Gewerbebereiche, werden die W-Id.Nrn. im Nachgang durch Unterscheidungs-Merkmale (sog. „U-Merkmal“) ergänzt, diese Ergänzung wird jedoch erst für 2026 erwartet (z.B.: DE123456789-00001). Das BZSt (Vergabestelle) stellt für die Ausgabe der W-Id.Nr. keine Gebühren in Rechnung. Hat der wirtschaftlich Tätige bereits eine USt-Id.Nr., so wird diese USt-ID ab einem durch öffentliche Bekanntmachung festgelegten Stichtag zusätzlich als W-Id.Nr. zugeteilt. Es erfolgt kein Mitteilungsschreiben an die wirtschaftlich Tätigen oder deren Steuerberater.


Die bisherige Steuernummer, bei natürlichen Personen nicht mit der sog. Steuer-Identifikationsnummer zu verwechseln, bleibt auch nach Einführung der W-Id.Nr. in ihrer Funktion bestehen und ist zunächst insbesondere auf den Steuerformularen in Verwaltungsverfahren wie bisher zu verwenden. Die elektronischen Vordrucke werden nach und nach um die Angabe der W-Id.Nr. erweitert. Aufgrund der stufenweisen Vergabe, ist die Angabe in den Steuererklärungsformularen bis zum 31. Dezember 2026 nicht verpflichtend. Langfristig soll die W-Id.Nr. aber bisherige Identifikationsmerkmale, wie die Steuernummer oder Umsatzsteuer-Id.Nr. ablösen, wobei ab 2024 eine unbestimmt andauernde Übergangsphase zu laufen beginnt.

 

Die W-Id.Nr. entspricht im Aufbau der USt-Id.Nr. Die USt-Id.Nr. wird nicht ersetzt und ist weiterhin für innergemeinschaftliche, grenzüberschreitende tätige Unternehmen im umsatzsteuerlich relevanten Leistungsverkehr zu verwenden.  Die Steuer-ID bleibt weiterhin bestehen und identifiziert eine natürliche Person. Letztere erhält jede natürliche Person kurz nach der Geburt in Deutschland zugeteilt und übermittelt. Die W-Id.Nr. wird natürlichen Personen ausschließlich dann ergänzend zugeteilt, falls diese natürliche Person eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, also z.B. ein Einzelunternehmen betreibt.


Grunderwerbsteuerliche Relevanz:


Grunderwerbsteuerlich ist die neue W-Id.Nr. ebenso von formaler Relevanz bei Anzeigen von grunderwerbsteuerlichen Vorgängen durch Immobilienerwerber oder grundbesitzenden Gesellschaften gegenüber der Finanzverwaltung. Denn die Anzeige von grunderwerbsteuerlichen Vorgängen und Transaktionen hat zukünftig die betreffende Wirtschafts-Identifikationsnummer des Veräußerers, des Erwerbers und der grundbesitzenden Gesellschaft zu enthalten. Bislang waren hier bei juristischen Personen, wie bspw. GmbHs oder Aktiengesellschaften, deren Handelsregisternummer und Steuernummer in die Anzeige aufzunehmen (§ 20 GrEStG).


Darüber hinaus kommt der zukünftigen Angabe einer zutreffenden W-Id.Nr. bei grunderwerbsteuerlichen Anzeigen mit Blick auf deren Vollständigkeit und Richtigkeit eine tragende Rolle im Lichte der sog. Signing-Closing-Falle zu.


Fallen bei einem Share-Deal über (90 % oder mehr der) Geschäftsanteile an einer Gesellschaft mit Immobilienvermögen Signing (Vertragsunterschrift über den Anteilsverkauf) und Closing (tatsächlicher Übergang der Geschäftsanteile) zeitlich auseinander, treten nach Auffassung der Finanzverwaltung zwei grunderwerbsteuerpflichtige Vorgänge ein, obwohl es sich um ein und denselben Grundbesitz handelt (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 3 und § 1 Abs. 2b GrEStG). Hintergrund ist der fehlende Anwendungsvorrang der einzelnen Grunderwerbsteuertatbestände infolge des zeitlichen Auseinanderfallens von Signing und Closing.


Dieses ungewollte und nicht sachgerechte Doppelbesteuerungsrisiko wurde durch den Gesetzgeber mit einem Antragsrecht für betroffene Immobiliengesellschaften grundsätzlich reduziert, indem etwaig festgesetzte Grunderwerbsteuern auf den Zeitpunkt des Signing aufgehoben werden können und im Ergebnis ausschließlich Grunderwerbsteuern für das Closing erhoben werden. Dieses Antragsrecht hat jedoch zur strengen Voraussetzung, dass sowohl für das Signing als auch das Closing einer einheitlichen Geschäftsanteilstransaktion jeweils formell richtige, inhaltlich vollständige und jeweils fristgerechte Anzeigen (innerhalb von zwei Wochen) beim zuständigen Finanzamt eingehen (§ 16 Abs. 4a, Abs. 5 S. 2, §§ 18 - 20 GrEStG).


Daher sollten zukünftige Grunderwerbsteueranzeigen für relevante Share-Deal-Transaktionen mit Immobilienvermögen die neue Wirtschafts-Identifikationsnummer aller beteiligten Gesellschaften enthalten, um eine grunderwerbsteuerliche Doppelbesteuerung eines Share-Deals aufgrund eines formellen Defizits in der Anzeige zu vermeiden.




Autoren:


Jakob Eisenreich

Dipl.-Wirtschaftsjurist (univ.)

Wirtschaftsprüfer

Steuerberater


Anja Pongratz

Betriebswirtin

Prüfungsleiterin



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