Blog Layout

Verschärfte Vorlage- und Mitwirkungspflichten für internationale Unternehmen in Bezug auf die Verrechnungspreisdokumentation

Jakob Eisenreich • 10. Januar 2025

In der globalisierten Wirtschaft spielen Verrechnungspreise (Transfer Pricing) eine entscheidende Rolle bei der Steuerbemessung multinationaler Unternehmen. Die jüngsten Änderungen im internationalen Steuerrecht haben zu verschärften Vorlage- und Mitwirkungspflichten zu Lasten dieser Unternehmen geführt, die internationale Unternehmensgruppen vor neue Herausforderungen stellen. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Transparenz zu erhöhen und Steuervermeidung zu verhindern.


1. Hintergrund und Notwendigkeit der Änderungen


Verrechnungspreise sind diejenigen Preise für Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen, welche die Verteilung des zu versteuernden Einkommens über verschiedene Länder beeinflussen. Durch den Einsatz unangemessener Verrechnungspreise können Unternehmen Gewinne in Niedrigsteuerländer verlagern und damit ihre Steuerlast reduzieren. Um dieser Praxis entgegenzuwirken, haben viele Länder ihre Anforderungen an die Dokumentation und Offenlegung solcher Preise verschärft. Diese Maßnahmen sollen sicherstellen, dass Verrechnungspreise den Grundsätzen des Fremdvergleichs entsprechen, also so festgelegt werden, wie sie zwischen unabhängigen Dritten vereinbart würden.


2. Anforderungen an die Dokumentation


Die OECD hat im Rahmen ihres BEPS-Projekts (Base Erosion and Profit Shifting) umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung von Steuervermeidung durch multinationale Unternehmen entwickelt. Ein zentrales Element ist die Einführung eines dreistufigen Dokumentationsansatzes, der sich aus einem Master File, einem Local File und einem Country-by-Country Reporting (CbCR) zusammensetzt:


  • Master File: Dieses Dokument enthält eine Übersicht über die weltweite Geschäftstätigkeit des Unternehmens, die globale Verrechnungspreispolitik und die wichtigsten Wertschöpfungstreiber. Es umfasst Informationen über die organisatorische Struktur, die Geschäftstätigkeit, die immateriellen Vermögenswerte und die Finanzierungsvereinbarungen des Unternehmens.
  • Pflicht für Unternehmensgruppen ab einem jährlichen Umsatz von 100 Mio. Euro


  • Local File: Dieses Dokument bezieht sich auf die spezifischen Transaktionen des lokalen Unternehmens mit verbundenen Unternehmen und enthält detaillierte Informationen zur Analyse der Verrechnungspreise. Es soll sicherstellen, dass die Verrechnungspreise für die einzelnen Transaktionen den lokalen Steuerbehörden gegenüber nachvollziehbar und prüfbar sind.
  • Pflicht für einzelne Unternehmen einer Unternehmensgruppe ab Intercompany-Lieferungen von 6 Mio. Euro oder IC-Services ab 0,6 Mio. Euro


  • Country-by-Country Reporting (CbCR): Diese Berichterstattung erfordert die Offenlegung von Einkünften, Steuern und Geschäftstätigkeiten in jedem Land, in dem das Unternehmen tätig ist. Ziel ist es, Steuerbehörden einen Überblick über die globale Verteilung von Einkommen und Steuern zu geben. Das CbCR umfasst unter anderem Informationen über die Anzahl der Mitarbeiter, die erzielten Umsätze und die gezahlten Steuern in den jeweiligen Ländern.
  • Pflicht für Unternehmensgruppen ab einem jährlichen Umsatz von 750 Mio. Euro


3. Verschärfte Mitwirkungspflichten


Neben der umfassenden Dokumentation sind Unternehmen nunmehr verpflichtet, aktiv mit den Steuerbehörden zusammenzuarbeiten. Dies umfasst die rechtzeitige und unaufgeforderte Bereitstellung der Verrechnungspreisdokumentation innerhalb von 30 Tagen nach Beginn einer Betriebs- bzw. Konzernbetriebsprüfung. Diese Pflicht umfasst in der Regel die Master-File und oder Local-File sowie eine sog. Transaktionsmatrix bzw. Geschäftsvorfall-Matrix. Eine unzureichende Mitwirkung kann zu empfindlichen Strafen und zusätzlichen Steuerschätzungen führen. Darüber hinaus kann die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten die Glaubwürdigkeit des Unternehmens beeinträchtigen und zu einem erhöhten Prüfungsaufwand durch die Steuerbehörden führen.


4. Auswirkungen und Herausforderungen für Unternehmen


Die verschärften Anforderungen führen zu einem erhöhten administrativen Aufwand und erfordern oft den Einsatz spezialisierter Ressourcen. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Verrechnungspreisdokumentation den aktuellen Anforderungen entspricht und regelmäßig überprüft wird. Darüber hinaus ist eine enge Zusammenarbeit zwischen den Steuerabteilungen, anderen Unternehmensbereichen sowie Steuerberatern erforderlich, um eine konsistente und vollständige Berichterstattung zu gewährleisten.


Ein weiterer Aspekt ist die Notwendigkeit, die interne Verrechnungspreispolitik kontinuierlich zu überwachen und anzupassen. Dies erfordert eine regelmäßige Analyse der Marktbedingungen und der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, um sicherzustellen, dass die Verrechnungspreise den aktuellen Gegebenheiten entsprechen. Unternehmen müssen auch sicherstellen, dass ihre IT-Systeme in der Lage sind, die erforderlichen Daten für die Dokumentation und Berichterstattung zu erfassen und zu verarbeiten. Eine Entlastung dieses Arbeitsaufwands könnte ggf. in den nächsten Jahren durch spezialisierte Software und künstliche Intelligenz eintreten.


5. Strategien zur Bewältigung der neuen Anforderungen


Um den neuen Anforderungen gerecht zu werden, sollten Unternehmen eine proaktive Strategie entwickeln. Dazu gehören:


  • Frühzeitige Planung und Vorbereitung: Unternehmen sollten frühzeitig mit der Planung und Vorbereitung ihrer Verrechnungspreisdokumentation beginnen, um sicherzustellen, dass alle erforderlichen Informationen rechtzeitig verfügbar sind.
  • Einsatz von Technologie: Der Einsatz von spezialisierter Software kann den Dokumentationsprozess erleichtern und die Genauigkeit und Konsistenz der Berichterstattung verbessern. Das Institut der Wirtschaftsprüfer ("IDW" stellt bspw. eine Übersicht auf ihrer Website bereit, welche Softwaresysteme in diesem Bereich unterstützen könnten (externer Link).
  • Schulung und Weiterbildung: Die Mitarbeiter der Steuer- und Finanzabteilungen sollten regelmäßig geschult werden, um sicherzustellen, dass sie über die neuesten Entwicklungen und Anforderungen im Bereich der Verrechnungspreisdokumentation informiert sind.
  • Zusammenarbeit mit Experten: Die Zusammenarbeit mit externen Beratern und Experten kann wertvolle Unterstützung bei der Erstellung und Überprüfung der Verrechnungspreisdokumentation bieten.


6. Fazit


Die verschärften Vorlage- und Mitwirkungspflichten im Bereich der Verrechnungspreisdokumentation stellen internationale Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen. Eine proaktive und sorgfältige Herangehensweise an die Dokumentation und Offenlegung von Verrechnungspreisen ist unerlässlich, um rechtliche Risiken zu minimieren und die Einhaltung der globalen Steueranforderungen sicherzustellen. Durch den Einsatz geeigneter Strategien und Ressourcen können Unternehmen die neuen Anforderungen erfolgreich bewältigen und ihre steuerliche Compliance sicherstellen.


Autoren:


Jakob Eisenreich

Dipl.-Wirtschaftsjurist (univ.)

Wirtschaftsprüfer

Steuerberater



Share by: